Adobe hat die beste iPhone-Kamera-App entwickelt, die Sie noch nicht ausprobiert haben, und sie ist kostenlos
Vor einem Jahr erschien ein recht interessantes Kamera-Tool aus dem Hause Lux, den Machern der fantastischen Apps Kino und Halide. Das Tool heißt Process Zero und entfernte im Wesentlichen die Bilder von Apples rechnerischen Anpassungen und lieferte ein makelloses Foto.
Ich habe sogar das aktuelle iPhone mit dem iPhone 6s verglichen und dabei die Schwächen der computergestützten Fotografie erkannt. Immer wieder fiel mir auf, dass die Fotos durch die algorithmische Verarbeitung zwar schärfer und farbenfroher wirken, aber nicht immer präzise sind. Und dadurch verlieren sie ihren natürlichen Charme.
Das ist einer der Gründe, warum Filter-Apps für Vintage-Kameras so beliebt sind , und auch die Filmfotografie erlebt derzeit ihren großen Auftritt. Der neueste Name im Bereich der iPhone-Kameras ist Adobe. Die Lösung heißt Project Indigo und ist eine Kamera-App, die den „SLR-ähnlichen“ Look auf Ihrem iPhone nachbilden möchte.
Worum geht es?
Indigo ist ein destillierter Profi-Container. Sie erhalten einige manuelle Steuerelemente und können sogar die Anzahl der zu fusionierenden Bilder festlegen. Darüber hinaus erhalten Sie eine benutzerdefinierte Bildverarbeitung, auch bekannt als Computational Photography Pipeline, die vom Adobe-Team entwickelt wurde.
Es ermöglicht ausschließlich die Aufnahme von Fotos und bietet zusätzlich einen speziellen Nachtmodus. Das Besondere daran: Trotz manueller Steuerung nimmt die App Bilder auf, noch bevor Sie den Auslöser drücken. Diese zusätzlichen Bilder sind Teil des Fusionssystems und sorgen dafür, dass Ihre Fotos keine Bewegungsartefakte aufweisen oder unscharf aussehen.
Was die Qualität betrifft, so führt Adobe laut eigener Aussage „sanftes Tone Mapping, Erhöhung der Farbsättigung und Schärfung“ durch. Adobe behauptet, dass keine Glättungseffekte vorgenommen werden und sogar das Bildrauschen erhalten bleibt, um eine authentische Aufnahme zu liefern.
Der größte Vorteil von Indigos Bildaufnahme ist die Multi-Frame-Superauflösung, die aktiviert wird, sobald man über 2x oder 10x hinausgeht (der natürliche Zoombereich der Objektive). Bei der Zoomaufnahme gibt es einige Kompromisse. Wenn man beispielsweise das 5x-Teleobjektiv des iPhone 16 Pro nutzt und die elektronische Stabilisierung aktiviert ist, wird der Rahmen laut Adobe um 10 % beschnitten, und es kommt auch zu einer gewissen Abweichung, die Bildqualität bleibt jedoch unverändert.
Da es sich um eine KI-basierte Skalierung handelt, sehen die Ergebnisse möglicherweise nicht immer so raffiniert aus. Positiv ist jedoch, dass beim Heranzoomen von Aufnahmen aus großer Entfernung weniger körnige Texturen zu sehen sind als bei einem mit der vorinstallierten iPhone-Kamera-App aufgenommenen Bild. Alle mit Indigo aufgenommenen Bilder werden zudem im DNG-Format gespeichert, das zwar leichter ist als Apples ProRAW-Dateien, aber fast genauso viele Details enthält. DNGs eignen sich außerdem ideal zum Bearbeiten.
Kommen wir nun zu den professionellen Bedienelementen. Oben befindet sich ein Histogramm zur Anzeige von Sensordaten. In den Einstellungen können Sie aber auch den Timer, Kompositionsraster, eine Füllstandsanzeige und Zebrastreifen aktivieren. Sie können Belichtungszeit, ISO, Fokus, Weißabgleich und Belichtungskorrektur anpassen. Indigo kann die Belichtung derzeit noch nicht sperren, Adobe kündigt aber an, dass dies bald in der Indigo-App verfügbar sein wird.
Wie ist die Ausgabe?
Auf den ersten Blick scheint die Kamera des iPhones schärfere Fotos mit einem lebendigeren Farbprofil aufzunehmen. Vergleicht man jedoch die Aufnahmen von Indigo, fallen einige Unterschiede auf. Erstens wirken Oberflächenstrukturen aufgrund der Schärfung durch das iPhone etwas unrealistisch.
Darüber hinaus ist der Ansatz zur Wiedergabe von Lichtern und Schatten eher brachial, da der Fokus immer darauf liegt, hellere Bilder mit mehr Oberflächendetails zu liefern, sodass man oft nicht erkennt, wie Lichtreflexionen und dunklere Bereiche eines Rahmens natürlich aussehen.
Die Klicks von Indigo wirken etwas weicher und reduzieren das Rauschen sogar bei Tageslichtaufnahmen sanfter, sodass die Bilder wie eine genauere Wiedergabe des realen Bildes wirken.
Wenn wir von Realismus sprechen, geht es nicht nur um das Lichtverhalten, sondern auch um die Farbchemie. Da das iPhone eine höhere Belichtung bevorzugt, wirken Elemente wie das Laub der Bäume oft übermäßig lebendig. Indigo verfolgt einen subtileren Ansatz bei der Bildverarbeitung, wodurch die Blätter natürlicher wirken, wenn auch etwas gedämpfter in der Sättigung. Das wahre Highlight ist die Bearbeitungspipeline.
Indigo erfasst dasselbe Bild in zwei Formaten: JPEG (mit HDR- und SDR-Look) und DNG. Aus der integrierten Galerie der App werden beim Exportieren von Fotos nach Lightroom die DNG-Dateien automatisch importiert, was Ihnen deutlich mehr Spielraum bei der Bearbeitung bietet. Schauen Sie sich das Bild unten an, auf dem ich diesen Look in nur etwa 15 Sekunden erreicht habe:
Bei Aufnahmen bei schwachem Licht ist die Situation nicht viel anders. Das iPhone tendiert zu einer höheren Belichtung und hat daher Probleme mit der Farbwiedergabe, insbesondere bei Lichtstreifen unterschiedlicher Farben aus unterschiedlichen Richtungen. Indigo verarbeitet Farben auf reflektiertem Oberflächenlicht deutlich besser, insbesondere bei hohem Zoombereich, wenn die Bildfusion einsetzt.
In den folgenden Bildern, die mit 10-fachem Zoom aufgenommen wurden, hat das iPhone Probleme, das Bildrauschen nicht nur um die Lichtquelle, sondern auch um die Wand herum einzudämmen. Die Textur ist stark körnig, und der echte Anstrich sieht völlig anders aus, was den Kontrast trübt. Es sind mehr Elemente zu erkennen, aber gleichzeitig wirkt es auch chaotisch.
Das mit der Indigo-App aufgenommene Bild zeigt eine deutlich bessere Kontrolle bei der Trennung starker Beleuchtung vom Objektrand und verleiht ihm so in völliger Dunkelheit ein schärferes Aussehen. Darüber hinaus weist es eine deutlich dezentere Körnung auf, und vor allem entspricht die Wandfarbe dem tatsächlichen Farbton der aufgetragenen Farbschicht.
Behebung der Kamerafehler des iPhone
Hier ist ein weiteres Beispiel. Schauen Sie sich diese Aufnahme eines bewölkten Tages an. Auch hier wählt das iPhone einen wärmeren Farbton mit einer stark geschärften Wolkentextur. Die Farbe des Himmels ist jedoch bläulicher und präziser in der Aufnahme der Indigo-Kamera-App. Außerdem wird das Laub der Bäume besser hervorgehoben.
Dennoch ist es für beide kein eindeutiger Sieg. Beim Vergrößern fällt auf, dass das iPhone Schärfe und Textur besser kontrolliert, wodurch die Fenster des Gebäudes und die Blätter der Bäume deutlich schärfer wirken. Im Bild, das mit der Adobe-App aufgenommen wurde, sind die Hintergrundelemente stark körnig und Linien und Formen unscharf.
Indigo glänzt dort, wo das iPhone an seine Grenzen stößt. Sehen Sie sich die Aufnahmen bei schwachem Licht unten an, die mit 10-fachem Zoom aus einer recht dunklen Gasse aufgenommen wurden. Das iPhone hatte mit Handhabungsgeräuschen zu kämpfen und erzeugte eine starke Körnung im Bild. Fast alles, einschließlich der direkten und indirekten Lichtstreifen, wirkt unscharf.
Indigo profitierte von der Multi-Frame-Super-Resolution-Technologie. Ich stellte die Kamera manuell so ein, dass 32 Aufnahmen im Handheld-Modus zusammengefügt wurden. Das Ergebnis war ein himmelweiter Unterschied zur nativen iPhone-Kamera-App. Das Bild ist flüssiger, mit deutlich besserem Kontrast, Farbwiedergabe und Motivschärfe. Es fehlen die typischen Merkmale der Nachtfotografie auf Smartphones.
Dies ist schließlich mein Lieblingsbeispiel, bei dem ich die Makrofunktionen getestet habe. Auch hier zeigt das iPhone standardmäßig einen gelblichen Farbton. Dadurch konnte die Farbe der Iris nicht richtig hervorgehoben werden. Aus nächster Nähe wirkte das Fell über der Augenpartie zudem unscharf, und im Nasenbereich ist viel Rauschen zu sehen.
In der von Indigo aufgenommenen Aufnahme ist die Fellstruktur klarer und wirkt natürlicher. Die App hat außerdem die Augenfarbe und das dezente Rosa auf der Nase hervorragend hervorgehoben, ohne dem Rest des Bildes den gleichen Farbton zu verleihen.
Sollten Sie einsteigen?
Bevor Sie sich jedoch zu sehr von der Idee einer kostenlosen Kamera-App von Adobe begeistern, die im Vergleich zum iPhone bessere Ergebnisse liefert, sollten Sie einige Aspekte beachten. Die Indigo-App versucht, eines der größten Kameraprobleme des iPhones zu lösen: die algorithmische Verarbeitung.
Meistens funktioniert es hervorragend, aber es gibt einige Lücken, die Apps wie Indigo zu schließen versuchen. Farbrealismus, bessere Nachtmodus-Ausgabe und professionelle Bedienelemente sind nur einige davon. Um das Beste daraus zu machen, müssen Sie jedoch die Grundlagen der Bildkompositionssteuerung kennen.
Das Geheimnis liegt außerdem in der gleichzeitigen DNG-Erfassung, einem Dateiformat, das speziell für die Nachbearbeitung und Bearbeitung in Apps entwickelt wurde. Insbesondere Adobe Lightroom bietet zahlreiche Feinabstimmungstools, ist aber gleichzeitig recht teuer.
Dann gibt es noch ein paar technische Probleme. Die Bildverarbeitung dauert sehr lange, und wenn man die App schließt, geht der Fortschritt verloren. Außerdem beansprucht die App die lokalen Ressourcen stark, und ich erhielt beim Fotografieren regelmäßig Warnungen wegen „Überhitzung des iPhones“.
Wenn Sie gerne mit Bildern herumbasteln, probieren Sie Indigo aus. Für den durchschnittlichen iPhone-Nutzer ist es ansonsten nur eine weitere Kamera-App. Vielleicht gefällt sie Ihnen ja. Ansonsten reicht die vorinstallierte iPhone-Kamera-App völlig aus.
